Mit dem Hausboot auf dem Bodden

"Was ist um Himmels Willen ein Bodden?"

Text: Andrea Horn
Fotos: Wyn Hoop

City Marina in Stralsund

werden Sie jetzt vielleicht denken. Das ist der mecklenburgische Name für eine Lagune, ein Gewässer, das von der See, in diesem Falle der Ostsee, durch eine oder mehrere Inseln oder eine Halbinsel getrennt ist. Ein Naturparadies, ideal für einen entspannten Urlaub mit den unterschiedlichsten Zielen. Die Entfer-nungen dazwischen sind nicht allzu groß, und so bleibt viel Zeit, um die Schönheiten und Sehens-würdigkeiten an Land kennen zu lernen. Das Wasser ist mild gesalzen, Fische wie Zander, Flunder und Meerforelle fühlen sich hier wohl, im Frühjahr und Herbst kommen Tausende von Kranichen und andere Zugvögel hierher, unzählige einheimische Vogelarten wohnen hier ständig.
Bei Wyn stand ein runder Geburtstag an, den er auf dem Wasser feiern wollte, allerdings haben nicht alle unsere Freunde Seebeine, und da hatte er die Idee mit den Hausbooten auf dem Bodden, für eine Fahrt zu den Inseln Hiddensee oder Rügen.  
In der City Marina der Hansestadt Stralsund geht es los. Eine Hausbootflotte von Kuhnle Tours, behäbige Stahlboote vom Typ Kormoran, alle nach Fischen benannt, ist seit ein paar Jahren hier stationiert. Unsere beiden Schiffe heißen „Dorsch“, diesen Fisch kennt wohl jeder, und „Zope“. Hm, wie bitte? „Ein Süßwasserfisch, karpfenartig, wohlschmeckend“. Danke Brockhaus.

Hiddensee, das süße Ländchen, Fahrradfahren und Gaumenfreuden


Gemächlich tuckern wir aus dem Hafen hinaus, lassen das Jahrhundertbauwerk der Rügendammbrücke rechts liegen und pflügen mit Kurs Nord durch das träge Boddenwasser in Richtung Hiddensee. Auf der Karte sieht die Insel wie ein etwas zu lang geratenes Seepferdchen aus, der Schwanz zeigt zum Festland, in Richtung Stralsund, der Kopf schaut nach Rügen hinüber.

 

Hiddensee, aiuf dem Fahrrad zum Leuchtturm


Wir bugsieren „Zope“ und „Dorsch“ mal querfeldein, mal durchs betonnte Fahrwasser, und schon haben wir das Schwanzende des Seepferdchens, den Gellen zu fassen, der flach auf dem Wasser liegt. Unser Anker gräbt sich tief in den Schlick ein, während der glutrote Sonnenball  hinter scherenschnitt-schwarzen Uferbäumen versinkt. Das „süße Ländchen“, wie die Einheimischen die Insel nennen, ist 18 km lang und an manchen Stellen nur einen Steinwurf breit, Bodden und Meer liegen ganz nahe beisammen,  und erst im äußersten Norden erhebt sich das Land zu stolzen 72 m Höhe: Sanfte Hügel, gekrönt vom Leuchtturm Dornbusch. Autos sind verboten, Pferdekutschen und Fahrräder erlaubt.

Hiddensee, Leuchtturm am Dornbusch


Am nächsten Morgen trödeln wir weiter nach Vitte, dem Hauptort von Hiddensee. Vom Hafen brauchen wir zu Fuß nur drei Minuten bis zum breiten weißen Strand, mit Dünen dahinter und der blaugrünen Ostsee davor. Ein erfrischendes Bad, ein Strandspaziergang und danach aufs Fahrrad

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Windgeduckte Häuser, Sanddorn, Schilf, Heide, Kiefernwald und der verträumte Hafen Kloster säumen den meist ebenen Weg. Zum Endspurt nehmen wir eine saftige Steigung, dann heißt es „runter vom Fahrrad“, denn die letzten Meter zum Leuchtturm geht es nur zu Fuß weiter. Der Blick von oben zeigt uns Weite und unzerstörte Natur, wie man sie nur noch selten findet. Prominente wie Gerhard Hauptmann, Carl Zuckmayer, Billy Wilder, die Filmstars Asta Nielsen und Lilian Harvey, und nicht zuletzt der Bildhauer Ernst Barlach, liebten diese Insel.

Uns geht es ebenso, und das Geburtstagsessen im „Godewind“ (der Koch kommt aus Österreich) trägt einiges dazu bei.
Trotz aller Beschaulichkeit - langweilig wird es in diesem Revier nicht. Die Seekarte sollten Sie schon genau anschauen und nicht wie wir für das Sonntagsfrühstück den Anker in Zone Rot fallen lassen. Glücklicherweise hatte die Polizei einen freundlichen Tag.

Dorsch auf Schiet

Frühstück auf unserem Hausboot "Dorsch", hinten, die Fähre nach Vitten


Umso präziser navigieren wir auf dem Weg nach Ummanz, einer kleinen Insel, die sich an die Westseite von Rügen schmiegt. Die Zufahrt zu diesem verschlafenen Hafen ist etwas knifflig, wahrscheinlich wird sie selten genutzt, denn die Pricken (Stangen mit Zweigen im Topp) sind nicht mehr ganz eindeutig. Wegweiser wie in den Adria-Lagunen gibt es hier nicht. Wir schaffen es -  und das Bier in der
Hafenkneipe schmeckt köstlich!
Die Stimmung an Bord ist super, so ein Hausboottörn tut der Laune gut!

Rabenschwarzer Himmel, Sicht gleich Null. Ein Mordsgewitter rüttelt an den Festmachern, peitscht Regen übers Deck. Als es aufhellt, fahren wir weiter. „Dorsch“ zieht forsch davon, und irgendwann sitzt er fest. Der Mann  am Ruder hat eine der besagten Pricken verpasst. Kleiner Schreck in der Morgenstunde. Zum Glück gehen diese schweren Boote sehr flach, der Grund ist schlickig, und „Zope“ ist ein guter Schlepper: Mit Leine von unserem Heck zum Bug vom „Dorsch“ ziehen wir das Boot und den frustrierten Skipper langsam ins tiefere Wasser.

Durch den Strelasund nach Greifswald

Glewitzer Wiek an der Südküste von Rügen


Wie ein Fluss verläuft der Strelasund zwischen dem Festland um Stralsund und der Südküste von Rügen. Natur pur an den Ufern und in dicht begrünten Buchten wie Wamper Wiek, fern von allem, so richtig etwas zum Ausspannen, oder Glewitzer Wiek, dem kleinen Vogelparadies vor Bauernland: Höckerschwäne,
Reiher- und Tafelenten, Rohrsänger, Kormorane, Flussseeschwalben und viele mehr. Auf dem Sund treffen wir Kanuten, Segler und Frachtkähne.

Traditionelles Zeesenboot auf dem Bodden


Ein besonders schöner Anblick sind die Zeesboote, die ehemaligen Arbeitssegler der Boddenfischer mit dem dickbauchigen Eichenrumpf und den rostroten Segeln, die uns einen Hauch von Seefahrtsromantik ahnen lassen.
Heute fährt man damit Regatten.

 

Villa im Seebad Binz an der Ostküste von Rügen


Einige Highlights von Rügen schauen wir uns auf einem Landausflug an: Den botanischen Schlosspark von Putbus mit
seinen Jahrhunderte alten Baumriesen und den Circus, das Herzstück der Stadt. Seebrücke, Kurhaus und die weißen Prachtvillen von Binz erinnern an die Kaiserzeit. Zum Abschluss tauchen wir im „Nautilus“ in Wreechen in die Welt von Jules Verne ein.

In Wiek, dem Boddenhafen der Hansestadt Greifswald


Wieder an Bord fahren wir bis zum Ende des Strelasunds und schliddern an der Westseite des Greifswalder Bodden entlang zur Hanse- und Universitätsstadt Greifswald. Immer brav den Tonnen nach, das geht ganz einfach. Beim Fischerdorf Wieck fahren wir in das Flüsschen Ryck hinein, das den Bodden mit der Stadt verbindet. Bunte Boote und Yachten an beiden Ufern, ein stimmungsvolles Entrée. Auch wir finden ein Plätzchen in der Nähe der hübschen Klappbrücke und fühlen uns gleich so richtig behaglich. In Wieck gibt es übrigens die besten Fischräuchereien weit und breit, und die Menschen, inklusive Hafenmeister, sind unwahrscheinlich freundlich. Holzplastiken flankieren den Kai, jeder ein kleiner Barlach.

 

Das Rathaus non Greifswald


Nur ein paar hundert Meter von Wieck entfernt stehen die Überreste des Zisterzienserklosters Eldena, wo im Sommer Konzerte veranstaltet werden. Der berühmte romantische Maler Caspar David Friedrich, ein geborener Greifswälder, hat es gern als Motiv für seine Gemälde genutzt. Eldena ist eine gute Einführung in die Architektur der Backsteingotik, die den baulichen Charakter der Hansestädte prägt.
In der Altstadt von Greifswald finden wir drei Kirchen in diesem Stil, darunter den Dom St. Nikolai. Von seinem Turm haben wir den besten Überblick über die ganze Stadt. Nur das Rathaus tanzt aus der Reihe, es ist rot verputzt und schmückt sich mit einem Renaissancegiebel, an einer Seite plätschert ein frech gestalteter moderner Brunnen. Überall Fahrräder, und die Stimmung ist jung und kosmopolitisch, dank der Studenten der Uni.

Greifswald, urige Boote im Museumshafen


Neben Beschaulichkeit und unzerstörter Natur erleben wir auf diesem Törn eine ganze Menge an Kultur, denn Hansestädte sind sehenswert. Die Hanse, eine Vereinigung von Kaufleuten im gesamten Ostseeraum, die Im- und Export trieben und bald zu einer bedeutenden Wirtschaftsmacht wurden, hatte ihre Blütezeit zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert, da entstanden auch die Städte Greifswald und Stralsund.

Stralsund, schönes Stralsund

Das Rathaus von Stralsund


Das Rathaus von Stralsund ist Backstein in Reinkultur -  die Giebelflucht von  unendlicher Formenvielfalt, reich verziert die Fassade –
Ausdruck des Selbstbewusstseins einer stolzen Hansestadt.

Prächtige Bürgerhäuser aus allen Stilperioden umgeben es, ebenso imposante Kirchen und Klöster, auch mittelalterliche Wehranlagen sind zu sehen.

Stralsunds Altstadt, von Wasser eingerahmt, ist übrigens Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Was im Zweiten Weltkrieg nicht zerstört wurde und die Jahre des Verfalls bis zur Wende überlebt hat, wird liebevoll restauriert. Man kann sagen, die Hansestädte werden von Tag zu Tag schöner.

Klappbrücke im Hafen von Stralsund


Sie sind keine Museen, sondern äußerst lebendig. Um die Markplätze herum findet man urige Kneipen, Bars und Esslokale mit Tischen im Freien, die Stände der Wochenmärkte sind mit einheimischen und internationalen Spezialitäten bestückt.
Und so sitzen wir nun bei einem kühlen Bier am Alten
Markt, nehmen Abschied von Stralsund, vom Bodden, von „Dorsch“ und  „Zope“ und von unseren Freunden. Dabei wird eines klar: Alle würden die Fahrt am liebsten gleich noch einmal machen. 

Chartern (Beratung und Buchung)

Hafendorf Müritz
D-17248 Rechlin (Müritz)
Telefon: (03 98 23) 2 66-0
Fax: (03 98 23) 2 66-10

E-Mail: info@kuhnle-tours.de
URL:http://www.kuhnle-tours.de/willkommen.html

Die Boote

Die gemütlichen Stahl-Verdränger vom Typ Primus-Kormoran wurden von Kuhnle-Tours speziell für den Charterbetrieb entwickelt, sie sind leicht zu manövrieren und bieten viel Komfort unter Deck und viel Platz an Deck. Moderne Boote im traditionellen Stil. Salon und Steuerstand mittschiffs.
Zweiter Steuerstand auf dem großen Sonnendeck. Bugstrahlruder, Badeplattform mit Badeleiter und Außendusche, Anschluss für Landstrom, Warmwasserheizung, Pantry, Nasszellen, Wassertank, Schmutzwassertank, Beiboot auf Wunsch.
Die Boote sind in vier verschiedenen Längen zu mieten:
Kormoran 1500, das größte Modell, hat vier Kabinen, ist ideal für vier Paare oder Familien, man kann 10 – 12 Leute unterbringen.
Kormoran 1280 mit drei Doppelkabinen, für 7 – 9 Personen.
Kormoran 1140, 6 Kojen, gut für 6 – 8 Personen.
Kormoran 940 für 3 – 5 Personen.

Die Basis

In der Citymarina Stralsund professionell geführt. Sehr hilfsbereit. Bei Problemen unterwegs kommt unverzüglich Hilfe. Die Boote sind gut gepflegt, bestens ausgeführt und technisch gut im Schuss. Das Briefing ist informativ und praxisbezogen. An Bord liegt außerdem ein Törnplaner mit Kartenschnitten und Kurzbeschreibung des Reviers und der verschiedenen Ziele  und Seekarten. Das Kapitänshandbuch kommt mit den Verträgen und gibt Anleitungen zum Boot und zum Fahren sowie wichtige Telefonnummern.

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