Segeln an der Südwestküste Irlands

Text: Andrea Horn
Fotos: Wyn Hoop

Die Bucht von Baltimore im Südwesten der Grünen Insel ist wunderbar geschützt und weiträumig, Inseln riegeln sie ab. Der Sturm, der gerade draußen tobt, kann uns hier nichts anhaben. Vom Ostkap der Südeinfahrt, auf dem eine auffällige helle Bake steht, die wie eine Pershing-Rakete aussieht, im Volksmund jedoch „Frau Lot“ heißt, beobachten wir die Ehrfurcht erregenden Wellen draußen auf See.

Unsere Charteryacht "Innishceim" in der Roaringwater Bay

Endlich am nächsten Mittag können wir starten. Auf der brandneuen Jeanneau 43 „Innishceim“ von Baltimore Yachtcharters testen wir die mit Inseln und Felsen gespickte  Nord-Ausfahrt zur benachbarten Long Island Bay. Ein navigatorischer Leckerbissen, der allerdings gut vorbereitet sein will. Das Erfolgserlebnis hinterher ist kaum zu toppen. Vorbei an Inishceim, der Insel, nach der unser Schiff benannt ist, segeln wir weiter zum südwestlichsten Ende Irlands, dem Mizen Head. 
Die Windrichtung ist günstig, der Seegang immer noch beachtlich hoch. Vor dem Mizen  kocht, sprudelt und zischt das Wasser, als ob jemand eine Riesenpatrone Sauerstoff  hineingepumpt hätte. Kaum haben wir das Kap sicher gerundet, fliegt  „Inishceim“ nur so über die langen Wellen. Segelspaß pur!

Revier im Revier – Bantry Bay

Ardnaskinna Leuchtturm auf Bere Island / Bantry Bay

Auf hohem Steilufer steht das Ardnakinna Leuchtfeuer, der Torwächter am Nordufer der Bantry Bay. Dieser vielseitige Golf bietet alles, vom Ankerplatz zu Füßen eines Schlosses, einem urigen Fischerhafen, voll mit bunten Trawlern, bis zur kleinen aber feinen Lawrence Cove Marina und dem unvergleichlichen Glengarriff Harbour an seinem Ende, wo sich Seehunde auf glatten Felsen aalen und ein italienischer Park zu besichtigen ist. Er schneidet gut 20 Seemeilen tief in die Grüne Insel ein und ähnelt einem Binnenrevier, in dem man schon mal eine Woche vertrödeln kann.

In diesem schönen alten Haus in Glengarriff werden Touristenartikel verkauft

Eigentlich wollen wir weiter nach Nordwesten, aber der nächste Sturm ist schon da. Abwarten und Tee trinken, oder lieber ein Guinness oder einen Whiskey (nur echt mit dem „e“ vor denm „y“). Und so bleiben wir denn zwei Tage lang in Glengarriff, mit Blick auf  kleine Inseln und in dichtes Grün eingebettete noble Villen, auf die lila Wolken der blühenden Rhododendronbüsche und das freche Rot der mannshohen Fuchsienhecken. Die Muschelzucht in der Buchteinfahrt liegt weit weg von der Idylle, sorgt aber für köstliches Essen in den Lokalen. Im Ort sehen wir einen Palmengarten und einen Feigenbaum. Ja, ja, der Golfstrom. Bunte Hausfassaden verstehen sich in Irland von selber, aber eine Kirche, die zum Verkauf steht, ist nicht so alltäglich.

Papageientaucher und Mönchssiedlungen

Als nächstes nehmen wir die Vogelinseln Skellig Michael und Little Skellig aufs Korn. Auf eigenem Kiel ist das nicht zu bewerkstelligen, denn Yachten dürfen am kleinen Betonkai, an dem es außerdem noch erheblich schwellt, nicht anlegen, dort lassen nur die Ausflugsboote ihre Passagiere aussteigen.

Einfahrt Darrynane mit Blick auf Vogelinseln "Skellig Michael" u. "Little Skellig"

Auch wir steigen um auf ein Ausflugsboot, und zwar in Darrynane, einer Naturbucht in typisch irischer Landschaft. Steile grüne Abhänge,  Schafe, Steinmäuerchen , die das Weideland zerteilen. Ein Bach plätschert zum Meer hinunter, bunt blüht es in den Gärten der kleinen Cottages und, eine Seltenheit in irischen Ankerbuchten, in der Südostecke gibt es einen einladenden Sandstrand.

 

Vor der Anlegestelle von "Skellig Michael" mit Blick auf "Little Skellig"

Ein Fischer bringt uns und viele andere Schaulustige zu  putzigen Papageientauchern, Tölpelkolonien und Mönchshütten auf der größeren der beiden Inseln, genannt Skellig Michael. Ein Erlebnis, auf das niemand, der das Glück hat hier zu segeln, verzichten sollte. Über einen mit Geländer eingefassten Treppenweg stiefeln wir zum höchsten Punkt der Insel hinauf. So gut hatten es die Mönche, die hier siedelten, noch nicht. Ihr Aufstieg über schroffe Felsen war wesentlich sportlicher. Aber auch Touristen von heute müssen bei diesem Ausflug wenigstens trittsicher sein.

Papageientaucher auf "Skellig Michael"

Der Wind hat auf WNW gedreht, genau richtig für den heutigen Kurs, denn wir treten den Rückweg an, da die Yacht rechtzeitig für die Cork Week Regatta an die Nachfolgecrew übergeben werden muss. Mit angenehmen 5 – 7 Bft.  passieren wir den Mizen, den eine grazile rot-weiße Brücke mit dem Rest von Irland verbindet, der Fastnet Rock taucht auf und begleitet uns beinahe bis zu den Felszacken der Stags vor der Einfahrt zu Castletownshend. Düstere Regenwolken hängen  über dem Land, auf See hingegen erstrahlt der Himmel im sonnigen Blau. Dieses Phänomen hatten wir an fast allen Segeltagen, Irland ist eben immer für Überraschungen gut.

Der Fastnet Rock

Gourmet-Tempel Castletownshend

Castletownshend

Im Schlick der Flussmündung hält der Anker bombig. Nicht nur deswegen ist der Platz bei Yachten derart beliebt. Mit Efeu bewachsene Herrenhäuser, ein Schlösschen aus grauem Gestein, bunte Fischerboote und die alles überragende Kirche sind ein besonderer Anblick. Nach wie vor ist Mary Anne’s das Mekka für Feinschmecker. Auch Bill Clinton war da und ließ sich den Seafood-Teller schmecken.

Segelzentrum Kinsale

In der Bucht von Kinsale

Auf Schaukelkurs unter Genua. Der Leuchtturm Old Head of Kinsale im weiß-schwarzen Ringelpulli auf klotzigem Fels leitet uns in den gewundenen Fluss hinein, links erstreckt sich Weideland, rechts strahlen uns die bunten Villen von Summercove an. Vorsichtig navigieren wir an einem Regattafeld vorbei, Segeln ist Volkssport, das gilt für die gesamte Republik, überall Segelschulen und kaum ein Tag ohne Regatta, vom Opti bis zum Oldtimer.

Dann passieren wir die Festungen Charles Fort und James Fort, die aus der Zeit  stammen, da die Spanier als Verbündete der Iren die Engländer von der Insel vertreiben helfen wollten. Was ja bekanntlich nicht geklappt hat.

In Kinsale

Der Mastenwald in Kinsale ist undurchdringlich, die nebelige Stimmung verleiht zusätzliche Mystik. In den Gärten an der Promenade blüht es üppig, dazu jede Menge Lokale, von Fastfood bis Fünf-Sterne-Koch.  Eigenart und  Humor der Iren spiegeln sich in den  Fassaden der Geschäfte und Häuser wider:  Ein Dorado für Fotografen -  und abends erklingt Live-Musik in beinahe jeder Kneipe. Wer Lust hat, singt mit,  und zu einem Gespräch sind die meisten Iren nur allzu gerne bereit.

Am Ziel

Cork Harbour ist ein riesiger Naturhafen, so geräumig, dass, wie uns eine Engländerin versichert, die gesamte Flotte der Britischen Admiralität hineinpassen würde, was sonst nur noch in New York möglich wäre. Na, jedenfalls gibt es hier drei Hafenstädte: Crosshaven, Cobh und das „swingende“ Cork. Das kleine Crosshaven am Owenboy River hat die meisten Marinas,  Cobh ist unter anderem  der Bezugsort im Tidenkalender für alle Orte an der Fastnet-Küste und beherbergt das hochinteressante Auswanderermuseum. In Cork, der Provinzhauptstadt, pulst das irische Leben, jeden Herbst swingen hier internationale Musiker beim Cork Jazz Festival.
Wir steuern den Royal Cork Yachtclub in Crosshaven an, den, wie es heißt, ältesten Yachtclub der Welt. Von hier aus wird die Cork Week Regatta organisiert, die Vorbereitungen sind im vollen Schwung, professionell aber völlig unaufgeregt, typisch irisch eben.
Die Insel ist wie geschaffen zum Urlaubmachen. Der Abschied fällt schwer.

Infos zum Törn

Das Boot

Jeanneau 43, Baujahr 2008, großzügig und professionell ausgerüstet. Drei Kojen und weitere Schlafmöglichkeiten im Salon. Zwei Nasszellen mit WC und Dusche, Außendusche. Kühlschrank, Herd mit Backofen.
Motor von Yanmar, zwei Steuerräder, automatischer Steuermann, Bugstrahlruder (P), besonders nützlich beim Pflugscharanker mit 50 m Kette. Rigg von Seldén, Groß
und Genua als Rollsegel, Winschen von Harken, ein Genuss! Instrumente und Kartenplotter von Ray Marine. Dazu Seekarten, Sailing Directions Irish Cruising Club (Handbuch) und Tidenkalender. VHF mit Distresstaste, Epirb, Rettungsinsel, Beiboot Quicksilver, Outborder 4-Takt Mercury.

Die Charterfirma

Baltimore Yacht Charters, Tel. +353 (0)872738368,+353 (0)2820160. www.baltimoreyachtcharters.com
ändig eingebaut. Er weiß, was Schiffe in irischen Gewässern brauchen, um den Törn genussvoll zu gestalten. Außerdem ist er Skipper mit Leib und Seele und veranstaltet Fastnet Cruises, Tagestouren von Baltimore aus über Clear Island, Long Island Bay hin zum berühmten Fastnet Rock, Delphin- und Vogelbeobachtung inbegriffen. Das alles auf einer Bavaria 50, von Mai bis Dezember. Wer also die irischen Gewässer erst einmal auf einer Schnuppertour kennenlernen möchte, ist bei Con an der richtigen Adresse.

Das Revier

Segeln in Irland ist nicht nur etwas für raue Seebären, denn im Gegensatz zur Westküste, wo die Atlantikwellen ungebremst heranrollen, sind die Küsten im Südwesten der Grünen Insel ein ideales Revier, wenn man sich ein wenig mit der Gezeitennavigation auseinandergesetzt hat.
Wo, so wie hier, Halbinseln wie Finger ins Meer zeigen, findet man golfartige Einschnitte, in denen man sich gerne herumtreibt, und das nicht nur, wenn es draußen zu haarig ist: Dazu zählen Dingle Bay. Kenmare River, Bantry Bay, Long Island Bay und der geräumige Cork Harbour, alle mit Ankerbuchten, Fischerhäfen oder Marinas.
Der Golfstrom bringt mildes Klima und üppige Vegetation hervor, an der man sich nie satt sehen kann. Der Beiname „Grüne Insel" kommt nicht von ungefähr, garantiert ist auch der Regen daran nicht ganz unschuldig, obwohl das Wetter an Regentagen meist schneller zum Guten wechselt als bei uns.

Gezeiten und Strom

Der Tidenhub beträgt, je nach Mondphase, 3 – 4 m. Wer bei HW ankert, sollte 6 m unterm Kiel haben, bei NW 2.5 m. Die Werte für die Zeit dazwischen zeigt der Blick in den Tidenkalender bzw. auf den Kartenplotter.
Die Geschwindigkeit der Gezeitenströme liegt bei 1 kn, lediglich an den Kaps ist sie höher und es machen sich Stromkabbelungen bemerkbar. 3 sm Abstand sind ratsam.

Wind

Generell herrschen westliche Winde vor, SW ist die Hauptrichtung im Sommer. Im Frühjahr und Herbst weht es auch aus östlichen Richtungen.

Wetterbericht
Valentia Radio auf VHF ist die beste Quelle. Im Lauf der Jahre sind die Voraussagen immer ausführlicher und zuverlässiger geworden. Gesendet wird ab 0 100 Ortszeit alle drei Stunden auf Kanal 23 oder 24, je nachdem, in welchem Teil des Reviers man sich befindet. Sturm- und Navigationswarnungen nach Eingang.

Beste Zeit

Mai bis Ende September. Die Iren segeln allerdings bis in den Dezember hinein.

Mobiltelefone

Gebietsweise gibt es keinen Netzempfang, man kann sich daher nicht 100% auf sein Handy verlassen.

Müll

In Ortschaften und Buchten wird streng auf Sauberkeit geachtet. Eine weggeworfene Zigarettenkippe kostet Euro 125.- Strafe, ein Kaugummi sogar Euro 150.-
Mülltrennung ist selbstverständlich.

Anreise

Aer Lingus fliegt von Wien nach Dublin, 7 x die Woche, Ryan Air von Salzburg nach Dublin, 3x die Woche.
Fähren vom zauberhaften Roscoff im Norden der Bretagne nach Cork und Rosslare, von Sherbourg und Le Havre nach Rosslare. Von Pembroke im Südwesten von Wales nach  Rosslare.

Die besten Restaurants

Dingle:
Out of the Blue", beste Fischgerichte. eine Empfehlung des Ersten Offiziers des irischen Patrouillenbootes Aisling.


Kenmare River:
„Parknasilla Hotel", vornehmes Ambiente, vielseitige Menüs.

Glengarriff / Bantry Bay:
"MacCarthy's Pub und Restaurant". Fisch, Fleisch, Muscheln, Bier und Wein gut!!!

Baltimore:
„Bushe’s Bar": Riesige Sandwiches, leckere Suppen.

„Chez Youen", bretonischer Sternekoch, da bleibt kein Wunsch offen.

Castletownshend:
„Mary Anne's" bekannt und beliebt für bestes Seafood, seit       neuestem gibt es hier auch asiatische Gerichte. Typisches irisches Pub, familiäre Atmosphäre.

Kinsale:
„Man Friday", 5 Sterne, ob Fisch, Fleisch, Schalentiere oder Süßspeisen, immer wieder ein Hochgenuss.

Crosshaven:
„Cronin's Pub", die Adresse im Ort, typisch irisches Ambiente. Schon allein die Dekoration rechtfertigt den Besuch. Essen, Trinken gut.

Cork:
„English Market", ein Muss für jeden, der nach Cork kommt. Die üppig bestückte Markthalle, in der man sich ans Mittelmeer versetzt glaubt, wartet mit einem Café und Restaurant auf der Galerie auf, Gemäldeausstellung inbegriffen.