Segeln an der Türkischen Küste
Text: Andrea Horn
Fotos: Wyn Hoop
Touristenmagnet Bodrum

Ein malerischer Hafen mit Blick auf die Kreuzritterburg, Fischrestaurants am Wasser hinter der Burg, bunte Bauernmärkte, elegante Boutiquen, Palmen an der Promenade, eine gut funktionierende Marina und Schiffsausrüster. Dazu ein internationaler Flughafen, der mit dem Taxi in weniger als einer Stunde zu erreichen ist und viele Touristen, die ganze Skala von schlicht bis ausgeflippt.
Interessant für den Wassersport: Es haben sich hier mehrere Charterfirmen etabliert – ideal für einen Törnstart.
Der Bodrum-Golf

„Gleich um Ecke“ liegt der nach Osten zeigende Bodrum-Golf, offiziell Gökova Körfezi, eine Naturschönheit mit hohen Bergen, kleinen Inseln, Wäldern und unzähligen Ankerbuchten auf einer Länge von etwa 45 Seemeilen.
Wer zum ersten Mal hier segelt, will bestimmt zum Kleopatrastrand auf der größten Insel der Sehir Adalari, wo die schöne Dame mit Marc Anton die Flitterwochen verbracht haben soll. Der Sand dort hat heilende Wirkung, angeblich hat ihn Marc Anton, ganz Kavalier alter Schule, extra aus Ägypten hierher schaffen lassen. Das kleine hellenistische Theater auf derselben Insel verträumt die Zeit unter schattenspendenden Ölbäumen.
Nichts ist perfekt: Tagsüber stören die Scharen von Touristenbooten, und nachts ist wegen der unberechenbaren Winde der Ankerplatz nicht sicher. Da empfehlen sich die südlichen Nachbarbuchten Karacasögüt und Degirmen Bükü. Oder Kargilibük, umgeben von Kiefern- und Auwald, dort liegt man wie in Abrahams Schoß.
Das Hineinsegeln in den Golf geht in der Regel sehr zügig vonstatten, weil der Wind meist aus Westen kommt. Beim Verlassen ist Kreuzen angesagt.

Kargilibük im Gökova Körfezi, eine von allen Seiten geschützte Bucht, umgeben von Misch- und Auwald
Knidos – Ankern im Museum
Diese Naturbucht, in der Antike ein Handelshafen,
liegt am W-Ende der Datca - Halbinsel und somit schon im südlich
benachbarten Golf, dem Hisarönü Körfezi.
Ein Leuchtturm auf felsigem Hügel zeigt den Weg in ein Freiluftmuseum
hinein, zu Theater- und Tempelruinen der einst wohlhabenden Stadt.
Besonders berühmt wurde Knidos durch eine Statue, die die Göttin Aphrodite „oben ohne“
zeigte. Ihr nackter Busen lockte im Altertum Unmengen von Touristen
an, im Laufe der Zeit verschwand die Statue allerdings, sie ist nur noch
als Kopie im Louvre zu bewundern.

Der Hisaröni Körfezi, in Seglerkreisen als Datca-Golf bekannt, besticht ebenfalls durch vielseitige Landschaft, von kahlen Bergen vor fruchtbaren Ebenen bis zu bewaldeten Ankerbuchten. Man findet hier auch zwei kleine Häfen, nämlich in Palamut und vor dem Hauptort Datca.

Keci Bükü, im letzten Winkel des Golfes, beherbergt eine gut funktionierende Marina, die Segeljugend veranstaltet dort Regatten, man findet gute Esslokale und kann auf einer rötlichen Sandbank, die ein Fluss aufgeschüttet hat, „übers Wasser wandern“.
Weitere beliebte Ziele sind Selimiye, die Paradies-Bucht (Kohcabahce Koyu) und Dirsek (Agil Koyu).
Yesilova, das ehemalige Bozburun
Ein netter kleiner Golf, der bei weitem
nicht so grün ist wie der neue Name Yesilova (grüne
Ebene) verspricht, die alte Bezeichnung Bozburun (graues Kap), beschreibt die Gegend besser. Der Hafen Yesilova,
einst Heimat von Schwammtauchern, hat noch ziemlich
viel türkisches Flair und bietet guten Service. In einigen Werften
werden, ähnlich wie in Bodrum und am Schwarzen Meer, die nostalgisch
aussehenden türkischen
Holzyachten, Gulets genannt, gebaut.

Vor den Inseln Kizil und Kiseli Adasi fällt der Anker im kristallklaren Wasser, sehr erholsam. Wenn man Glück hat, kann man im Herbst hier Delfinschwärme mit ihren Jungen beobachten.
Gute Anlegemöglichkeiten findet man auch in Sögüt Limani, der sich etwa zwei Seemeilen südöstlich von Kizil Adasi öffnet.
Marmaris

Vor einem Vierteljahrhundert war Marmaris noch ein bäuerliches Nest um ein unscheinbares Kastell herum. Dann ist es im Eiltempo zum Wassersport- und Touristenzentrum angewachsen. Die Bucht, die an einen Alpensee erinnert, ist beinahe ringsum mit Hotels und Feriensiedlungen bebaut, Baustellen gehören nach wie vor zum täglichen Brot.

Gleitschirme in der Luft, Segler und Motoryachten auf dem Wasser, dazu Gulets und Kreuzfahrtschiffe und mehrere Marinas - die Veränderung ist enorm.
Wir verziehen uns am liebsten in die Südostecke von Marmaris Limani vor eine Bachmündung oder zu den Anker- und Liegemöglichkeiten vor dem Pupa Yat Hotel, wo auch die Basis der Charterfirma Pupa Yachting anzutreffen ist. Neben seiner Naturschönheit hat der Platz noch einen weiteren Vorteil: Hier ist es mindestens um drei Grad kühler als in Marmaris direkt. Eine Wohltat, besonders im Sommer.
My Marina

Nur ein paar Segelstunden südöstlich von Marmaris liegt die einladende My Marina, zu der das gleichnamige Gourmet-Lokal gehört.
Zuerst war da nur der Ankerplatz in der bewaldeten Bucht Maden Iskele, der Ostausbuchtung von Ekincik Limani, dann kam das Restaurant dazu und später auch ein paar Plätze an einem kleinen Kai. Mittlerweile ist unterhalb des Lokals ein 175 m langer Anleger mit einem T-Ausleger entstanden. Die geschmackvolle Anlege ist professionell geführt, ein Platz so richtig zum Entspannen.

Außerdem ist Ekincik Limani der beste Ausgangspunkt für einen Ausflug zum antiken Kaunos und zu lykischen Felsengräbern mit anschließender Fischmahlzeit in der lebhaften Ortschaft Dalyan am gleichnamigen Fluss. Natürlich mit einem der hier stationierten Ausflugsboote.
In den Fels gehauene Lykische Felsengräber
bei der antiken Stadt Kaunos

An der Ostseite der Einfahrt in den Dalyan-Fluss erstreckt sich ein langer, hellschimmernder Strand, der sogenannte „Schildkrötenstrand“, wo die Meeresschildkröten im Herbst ihre Eier ausbrüten. Dass sie das immer noch ungestört tun können verdanken sie den Umweltschützern aus aller Welt, die seinerzeit in letzter Minute den Bau eines riesigen Hotelkomplexes verhindert haben.
Der König der Golfe

Der Fethiye-Golf ist kleiner als der Bodrum- und der Datca –Golf, dadurch wirkt er sehr viel intimer. Berge rahmen ihn ein, einige davon tragen im Frühjahr noch einen Hauch von Schnee. An seiner Westseite grenzt eine Ankerbucht buchstäblich an die nächste. Sie zeigen sich in allen Nuancen von idyllisch bis großartig, hierstürzt dichter Kiefernwald zum Strand herunter, dort lockern Olivenhaine die Landschaft auf, an Bachmündungen stehen Weihrauchbäume, Quellen sprudeln kühl und köstlich.
Von den Plätzen vor den niedrigen Yassica Inseln hat man einen weiten Panoramablick über das Wasser des Golfes bis hin zu den hohen Bergen.

Selbstverständlich gibt es hier auch Marinas, die meisten davon vor der Ortschaft Göcek , wie z.B. Club Marina, Skopea Marina, Gemeinde Marina und Port Göcek, um nur einige zu nennen. Neben letzterer ist ein Kanaldorf mit Ferienhäusern à la Port Grimaud entstanden.
Die Marinas von Göcek: hinten Port Göcek,
Mitte die Gemeinde Stege, vorne re. Skopea Marina

Fethiye selbst schmückt sich ebenfalls mit einer eleganten Marina, zu der ein nobles Hotel gehört. Die kleine sympathische Yes Marina liegt in nächster Nachbarschaft dazu. In den Basaren werden Schmuck, Teppiche, Lederwaren und türkische Speisen angeboten, auf dem reich sortierten Bauernmarkt bunkern wir herrliches Obst und Gemüse, Yoghurt und Käse.
Kleiner Grenzverkehr
Wer auf seinem Törn bis zum sympathischen Hafen Kas vorgedrungen ist, wird bestimmt nicht auf den Abstecher zur griechischen Insel Kastellorizon
verzichten wollen. Dank dergroßzügigen Auslegung der Regeln seitens
der betreffenden Behörden fallen Aus- und Einreiseformalitäten aus.

Obwohl nur wenige Seemeilen vom türkischen Festland entfernt, erleben wir hier den angenehmen Kontrast zwischen Orient und Okzident.
Megisti, den Haupthafen von Kastellorizon, rahmen pastellfarbene Häuser im italienisch anmutenden Stil und zahlreiche Restaurants ein, die auf Hummer- und Fischgerichte spezialisiert sind. An einer Hauswand entdeckten wir das Plakat „Europe starts here“. Alles klar?
Hafen der kleinen griechischen Insel Kastellorizon,
nur ein Katzensprung von der türkischen Hafenstadt Kas entfernt.
Die einst wohlhabende Insel wurde in ihrerVergangenheit
heftig zwischen Türken, Venezianern und Russland hin und hergerissen,
bis sie 1947 endgültig „heim“ nach Griechenland kam. Das Kastell und
die kleine Moschee in der Hafeneinfahrt erinnern daran, und im
Heimatmuseum erfährt man mehr.

Ein zauberhafter Ankerplatz ist Mandraki, gleich östlich des Haupthafens, eine Bucht wie aus dem Bilderbuch: Kleine Häuser, Kiefern, vereinzelte Palmen und ein verträumter Friedhof mit weiß gekalkter Kapelle auf einer mit Zypressen bestandenen Landzunge. Und dazu der Blick auf kleine Inseln und die Berge an der türkischen Küste.
Zum Haupthafen laufen wir von hier aus zu Fuß und kommen dabei an der Metropoliskirche vorbei, bei der wir die 12 aus dem Apollotempel in Patara stammenden Säulen bewundern.
Kas ist ebenfalls
ein interessantes Fleckchen zu Füßen steiler Berge. Der Hafen ist
ausgebaut worden, stimmungsvolle Lokale umgeben ihn, antike Fundstücke
sind am Hafen und in der Ortschaft zu sehen. Wie in der Türkei üblich
fehlen auch hier die Teppichläden, Juweliere und Ledergeschäfte nicht,
der Markt ist hervorragend sortiert und das antike Theater ist zu Fuß
leicht zu erreichen.
Demnächst wird in der W-lich benachbarten Bucht Bucak Denizi die Kas Marina
fertiggestellt werden, eine gute Alternative, wenn der Hafen in der
Ortschaft Kas überfüllt ist. Wir haben das Projekt in Augenschein
genommen und festgestellt, dass der Fußweg von dort nach Kas hinüber 20
Mintuen dauert.
Die Taxiverbindung klappt ebenfalls reibungslos.
Vielseitige Naturschönheit in Verbindung mit antiken Stätten und
einer immer besser werdenden Infrastruktur für den Nautischen
Tourismus machen die Türkei zu einem der beliebtesten
Wassersportreviere.
Eine Lagune zum Verlieben
Nur 13 Seemeilen von Kas nach ENE schiebt sich eine
langgestreckte Insel wie ein Wellenbrecher vor die Küste und bildet die
Reede von Kekova.
Die beiden Enden der Insel reichen so nahe an die Festlandkaps heran,
dass man getrost von einer Lagune sprechen kann. An Ankerplätzen hat es
hier keinen Mangel, keiner gleicht dem anderen, der Schutz ist überall
gut.

Der ausgefallenste und absolut sicherste Liegeplatz ist Üc Agiz, die Lagune in der Lagune, weil er durch eine weitere von Inseln gespickte Einfahrt geschützt wird und man dort bei jeder Windrichtung einen geschützten Platz findet. Außerdem ist man lukullisch in Üc Agiz bestens versorgt, unser Lieblingslokal ist Hasan (wohlgemerkt mit einem „s“ in der Mitte).
Alle Nachahmer, die sich seinen Erfolg zunutze
machen wollen, schreiben sich nämlich mit Doppel-S, also Hassan.
Jedenfalls schmecken bei Hasan in Üc Agiz die Vorspeisen, die
Fischsuppe, der Hummer und der Zackenbarsch sowie alle anderen
Spezialitäten unvergesslich gut.

Hasan, der übrigens prima Deutsch spricht, ist über UKW-Kanal 16 zu erreichen und ein freundlicher Macher. Er organisiert im Notfall Pannenhilfe, vermittelt Mietautos für den Besuch der Felsengräber von Myra, besorgt Diesel und Wasser und liefert am Morgen frisches Brot ans Boot. Für Ankerlieger spielt er auch den Holüber und kann auch über die Geschichte und antike Stätten der Region Auskunft geben.
Hasan und Vasile mit Hummer und Zackenbarsch
vor Ihrem Restaurant in Üc Agiz
Von Üc Agiz gelangen wir auf einem Feldweg zu dem davor liegenden Ankerplatz Kale Köy.
In beiden Buchten stehen antike Sarkophage am Ufer, die meistens von
Hühnern bewohnt sind, in Kale Köy sehen wir den oft fotografierten „versunkenen Sarkophag“ aus dem Wasser ragen und stiefeln zur 90 m hoch gelegenen Burgruine hinauf. Der brustweitende Ausblick lohnt die Mühe.
Auf der Insel Kekova, die der Reede den Schutz gewährt,
sind die Ruinen einer antiken Stadt zu besichtigen: Logenplatz mit
Meerblick.
So viel zu den Ankerplätzen im Westteil der Reede. Wesentlich weiträumiger präsentiert sich Gökkaya Limani
im Ostteil, und ein besonderer Schlupfwinkel ist der Gökkaya SW-Fjord,
wo sich kleine Boote sogar bis hinter eine Sandbarre verholen können.
Am gegenüberliegenden felsigen Ufer entdecken wir eine kleine Blaue Grotte.
Um alle Möglichkeiten der Kekova Lagune auszuschöpfen, lassenwir uns mindestens eine Woche Zeit.